Meisterporträt Xaver Loder

Vom Most, einer Kanone und der traditionellen Wagner-Arbeit in Tegernbach: Der Wagner Xari ist 90!


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Die Tegernbacher Bauern kamen besonders im Winter gern zum Wagner Xari in die Werkstatt, denn dort wurde immer geheizt und man konnte sich aufwärmen. Nebenher erfuhr man, was im Dorf los war und vor allem: In der Ecke standen die Birnen-Most-Fässer, bei denen man sich auch mal mehr als ein Glas zapfen durfte. 

In der Rente zurück zur Wagnerarbeit

Doch diese Zeiten liegen lange zurück. Heute ist der am 20. Oktober 1931 geborene Xaver Loder meist allein in seiner Werkstatt, wenn nicht gerade einer der Urenkel spontan vorbeikommt und ihm zuschauen möchte. Seit er in Rente ist, widmet er sich wieder den originären Wagnerarbeiten. Er stellt hölzerne Speichenräder, Schubkarren und Rechen sowie Feldkreuze für traditionsbewusste Auftraggeber her. Beispielsweise stammt das große Kreuz auf dem erweiterten Baindlkirchener Friedhof aus seiner Werkstatt. Auch Schaufel-, Besen- und Axtstiele aus lang haltbarem Eschenholz gehören zu seinem Repertoire. Und bis vor kurzem erfüllte er auch aufwendige  Spezialwünsche wie einen höchst diffizil gestalteten Taubenschlag für einen Unternehmer aus Glon.

 

Eine Kanone zur Vereinsgründung

Ein außergewöhnliches Werkstück hat sogar Vereinsgeschichte in Tegernbach geschrieben: Eine Kanone wurde Ausgangspunkt für die Gründung der „Tegernbacher Böllerschützen“. Nachdem der Xari eine Kanone im Auftrag des Baron von Scherneck gefertigt hatte, wünschte sich auch sein Enkel Markus eine solche. Und zusammen mit dem Tegernbacher Schmied Thomas Kernle wurde dieser Wunsch 2017 prompt erfüllt. 

 

Landwirtschaft als Lebensunterhalt

Während seines über 50-jährigen Arbeitslebens war die Wagnerei in den Hintergrund getreten: Die Landwirtschaft war der Haupterwerbszweig, denn die originären Wagner-Gerätschaften waren durch moderne, fabrikgefertigte abgelöst worden, die man im Baumarkt billig kaufen kann. 

Diese Entwicklung deutete sich bereits während seiner Lehre an, die er von 1949 bis 1952 in Egenhofen absolvierte. Nach und nach wurden die eisenumrandeten Holzspeichenräder durch gummibereifte Räder ersetzt und so stieg man in der Lehrwerkstatt immer mehr auf Schreinerarbeiten um. 

Die „schlechte Zeit“

Neben der Ausbildung im Meisterbetrieb war einmal wöchentlich der Besuch der Handwerkerschule in München Pflicht. Noch heute berichtet der Xari, was ihn damals nachhaltig beeindruckt hat: „Auf dem Weg vom Hauptbahnhof zum Isartorplatz lauter Ruinen links und rechts!“ An diese „schlechte Zeit“ nach dem Krieg erinnert er sich auch deswegen ungern, weil es im Dorf wenige Arbeitskräfte gab und so musste er neben seiner eigenen Arbeit häufig bei Saisonarbeiten auf den umgebenden Bauernhöfen aushelfen.

 

Bewegung - das Rezept fürs Fitbleiben 

Einen anderen Beruf als den des Wagners hatte der Xari nie in Betracht gezogen, denn der Großvater lenkte ihn früh in diese Richtung. Den elterlichen Betrieb übernahm er 1957 nach seiner Heirat mit Maria. Heute erfreut er sich an seinen zwei Kindern, fünf Enkeln und sieben Urenkeln.

Die Frage, warum er mit 90 Jahren noch täglich in der Werkstatt steht, anstatt es sich auf dem Sofa bequem zu machen, beantwortet er spontan: „Vom Sitzen tut mir der Rücken weh. Beim Sägen, Hobeln und Drechseln  bin ich in Bewegung und fühle mich wohl. Außerdem mag ich das Arbeiten mit Holz von Kindheit an gern.“

Für die Zukunft wünscht sich der Wagner Xari vor allem Gesundheit. Dem schließen wir uns an und wünschen ihm nachträglich zum 90. Geburtstag, dass er noch sehr lange Freude an der Wagner-Arbeit hat.

 

Text / Foto: Katharina Schlamp, Verein Dorfbelebung Mittelstetten e.V.